Lars meditiert auf dem Berg

Spiritueller Weg

Der Anfang

Erwachsen werden, heißt sich anpassen lernen. So wirklich freiwillig macht das niemand, worüber Eltern pubertierender Kinder ganze Opern singen können. Immerhin haben sich pubertierende Jugendliche meist an ihr eigenes Umfeld angepasst, was plötzlich im Widerspruch zu ihrem elterlichen Umfeld ist.

Meine Anpassungskrise begann nach Aussagen meiner Eltern noch bevor ich sprechen und laufen konnte. Angeblich soll ich mich schon auf der Entbindungsstation auf den Bauch gedreht und den Kopf auf die Fäuste aufgestützt haben. Wie dem auch sei, ich bin so gut ich konnte meinen eigenen Weg gegangen, so lange ich mich erinnere.

In der Grundschule erlebte ich die erste Krise als mir bewusst wurde, dass meine Mitschüler meinen Weg überhaupt nicht akzeptierten. Andererseits merkte ich, dass es mir häufig nicht gut tat, ihnen nachzueifern. Es sollte noch Jahrzehnte dauern, bis ich verstand, warum dies so war. Es dauerte allerdings nur Wochen, bis ich in den Kreislauf von Trotz und Depression eintrat, der für pubertierende Jugendliche charakteristisch ist.

Damals konnte ich das allerdings noch nicht analysieren und blieb Erwachsenen wie Gleichaltrigen ein Rätsel. Bar eines stabilisierenden Umfeldes musste ich mich selbst stabilisieren. Inspiriert durch Geistergeschichten und Kung-Fu Filme begann ich mich mit Mystik und fernöstlicher Philosophie auseinanderzusetzen.

Dies ist nun weit über 30 Jahre her. Ich habe mich seither in jede magische oder mystische Tradion, jede Religion, Ideologie und Philosophie hinein begeben, die meinen Weg gekreuzt hat. Weil ich auch heute noch davon fasziniert bin, wenn auch unter anderen Gesichtspunkten als damals, waren es recht viele.

Seit gut 10 Jahren ist mein Weg sehr konstant. Seit dieser Zeit habe ich zwar noch einige neue Techniken und viel präzisere Begriffe gelernt, aber die Richtung meiner Entwicklung blieb gleich. Wie schon in der Grundschule ist mein Weg nicht das, was irgendeine Gruppe Anderer macht. Grob umrissen ergibt sich mein Weg aus einer Synthese aus Zen-Buddhismus Daoismus und tantrischen Traditionen. Allerdings lernte ich jede dieser Traditionen erst dadurch kennen, dass mir jemand sagte, dass mein Weg etwas davon sei. Er ist nichts davon!

Qì, Dé und Dào

Jetzt wird’s für 3 Absätze etwas trocken. Ich stelle kurz dar, wie alle Traditionen zusammenhängen, um einen Eindruck zu verschaffen, woran sich mein Weg orientiert, und welchen besonderen Aspekt Tantra Praxis darin ausfüllt.

Kern aller drei Traditionen ist die Überwindung der Dualität (tàijí:太极 – auch bekannt als Yin-Yang 太极图: ☯, advaita: अद्वैत). Alle Phänomene sind von Natur aus rein – wird es im Tantra formuliert. Tantra Technik zielt darauf ab, dieses durch erleben zu erfahren. Zen Technik zielt darauf ab, dasselbe durch nicht-erleben zu verstehen. Dào Dé (道德), beschreibt den Weg der Wirksamkeit als geschehen lassen. Dies ist der Idealzustand, wenn die Dualität überwunden ist, und ist nach meiner Ansicht identisch zur buddhistischen Erleuchtung. Die Buddhisten sprechen statt Weg (Dào: 道) von Fahrzeugen (yāna: यान).

Der Weg dorthin ist die Arbeit am Qì (, prāṇa: प्राण) – bei den Chinesen als Qì Gōng (气功) und bei den vedischen Traditionen als prāṇāyāma (प्राणायाम) wörtlich wiedergegeben. Wenn Körper und Geist eins sind mit sich und der Welt, dann gibt es kein Leid mehr. Der meist mit Glückseeligkeit übersetzte Begriff Ananda wird vor dem Hintergrund der 68’er Generation leider häufig falsch verstanden. Im Kern bedeutet es aber keine psychodelische Verklärung, sondern die Abwesenheit allen Leides bei wachem Verstand.

In der Befreiung von Leid, körperlichem wie seelischem Leid, liegt das Ziel spiritueller Arbeit – überall auf der Welt. In der östlichen Tradition wird dabei akzeptiert, dass die Welt im Wandel (yì:易) ist. Tatsächlich ist der älteste chinesische Text das Yì Jīng (易经), das Buch der Wandlungen. In der vedischen Tradition als Trimurti – die Dreieinigkeit von Brahma, Vishnu und Shiva – verankert. Dies steht im Widerspruch zum westlichen Ansatz einer ewigen Wirklichkeit, der man in diesem Leben nicht gerecht werden kann. Tantra Praxis macht die Welt im Wandel als grundlegendes Prinzip unmittelbar erfahrbar. Mehr noch, es befreit nicht nur von Leid, sondern es betont, dass es Freude machen soll.

Ich bin nach westlichen Maßstäben überhaupt nicht religiös. Dennoch bin ich zutiefst spirituell. Spiritualität und Religion können, müssen aber nichts miteinander zu tun haben. Es gibt katholische Priester, die Zen praktizieren. Spiritualität ist im Hier und Jetzt verwurzelt und betrifft ausschließlich Dein eigenes Qì. Lehren, die Dich in obskuren Dimensionen verankern, habe ich als nicht zielführend und teilweise gefährlich erlebt.

Du kannst nichts ändern, außer Dich selbst. Und nur Du kannst etwas an Dir ändern. Aber wenn Du das getan hast, ist die Welt anders als zuvor.

Wenn es Dir also hilft, mit göttlichen Bildern zu arbeiten, dann kannst Du das tun. Tantra-Vajrayana-Yoga verfolgt genau diesen Ansatz. Gerne stehe ich Dir als Shiva oder als schwarze Kali zur Seite. Wenn Du glaubst, dass Gott / die Götter / die Engel / die Dämonen die Verantwortung für Dich übernehmen, dann kommt Hochmut vor dem Fall. Freya kann Dir dann als weiße Tara liebevoll zur Seite stehen. Du wirst feststellen, dass Du manchmal im Leben die weiße Tara suchst und manchmal auch die schwarze Kali. Wir sind beide für Dich da.